Donnerstag, 13. September 2012

Kairo: Heavy Traffic

Wie schon im letzten Blogeintrag erwähnt, der Verkehr in Kairo verdient einen eigenen Beitrag. Es war schon krass zu sehen, wie viel selbst nach Mitternacht noch auf den Straßen unterwegs ist – selbst kleine Kinder turnten noch auf den Straßen rum. Unser Taxifahrer meinte deshalb auch:

„Cairo never sleep, 24 hour wake“. 



Gegen das was man tagsüber erlebt, war das aber noch Kindergeburtstag.
Große Straßen, die man in Deutschland zweispurig befahren würde, befährt man hier 4-5-spurig. Es gibt weder Markierungen, noch Ampeln (und wenn, dann ist die Ampelfarbe beim Überfahren egal), noch Schilder. Früher dachte ich immer, eine Stadt ist erst dann eine Stadt, wenn sie eine Ampel hat. Nach dieser Definition wäre Giza keine Stadt, obwohl sie mehr Einwohner hat als die größte deutsche Stadt Berlin! An großen Kreuzungen regelt immerhin ab und an ein Traffic-Control-Polizist die Vorfahrt.

Giza
Die einzige Autorität im Straßenverkehr

Das Prinzip des Stärkeren bzw. Frecheren und Schnelleren gilt hier, das Fahren erinnert ein wenig an Autoscootern. Cairo ist voll von motorisierten Gefährten. Bei Spritpreisen von 25ct/Liter kein Wunder. Als Verkehrsmittel hat man die Wahl zwischen normalen Taxis und Minibussen (vor allem in Giza). Letztere sind meist alte weißangemalte und auch sonst etwas aufgepimpte VW-Busse, die irgendwo ausrangiert wurden und nun ihren Altersdienst in den Straßen von Kairo fristen. Bei einem Minibus konnte ich auf die Kilometeranzeige schauen, 537000 km, und die Anzeige war kaputt! Die Motoren werden gekühlt, indem einfach die Motorhaube offen gelassen wird. Man zahlt beim Einsteigen einen geringen Betrag (1-2 EGP, 10-25 cent) und steigt aus wo man möchte -  eine günstige und irgendwie coole Art der Fortbewegung.

Luftgekühlte Minibusse

Wichtigstes Teil am Auto ist unumstritten die Hupe. Hier wird um sein Leben gehupt. Es wird gehupt wenn man links vorbei möchte, rechts vorbei möchte, wenn einer zu schnell oder zu langsam ist, um Fußgängern zu sagen, dass sie jetzt drüber huschen dürfen, um den Kumpel zu grüßen, um alle vorzuwarnen, dass man kommt, im Stau, auch wenn keiner `ne Chance hat sich zu bewegen und zu guter Letzt einfach weil Hupen lustige Geräusche macht, vermute ich zumindest. Da hatten wir dann nach der visuellen auf jeden Fall auch eine auditive Reizüberflutung.

"Mööööööööp"

Die Straßen stehen allen Teilnehmern gleichermaßen zur Verfügung: LKW, Minibusse, Autos, Mopeds, Fahrräder, Pferdekutschen, Handkarren, Fußgänger und sogar ein Kamel haben wir gesehen.

Gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer
In Downtown häufig anzutreffen: LKWs von Suzuki

Es gibt so gut wie keine Fußgängerüberwege. Man muss drauf los laufen und von (imaginärer) Spur zu Spur huschen. Anfangs, für uns regelbewusste links-rechts-links-guckende und durch die Verkehrserziehung gewissenhaft geschulte Deutsche, die erwarten dass ein Auto an `nem Zebrastreifen hält, total gewöhnungsbedürftig und angsteinflössend, gewöhnt man sich relativ schnell daran und lernt es auch irgendwo zu schätzen, vierspurige Straßen an einer beliebigen Stelle zu überqueren.



Cairo hat übrigens auch eine Metro – die einzige auf dem afrikanischen Kontinent. Das Netz ist aber schlecht ausgebaut und die Züge chronisch voll. Ich habe mir vorgenommen, in jeder Stadt mit Metro mindestens einmal mitzufahren. Viele Touristen haben diese Idee anscheinend nicht, denn ich wurde am Bahnsteig angeguckt wie ein Alien. Eine Gruppe junger Männer schickte dann mal einen los, zu erkunden wo ich denn herkomme und was ich in Kairo mache. Jeder zweite Satz von ihm war "Welcome to Cairo". Ich unterhielt mich bis zum Ende der Fahrt mit den Männern, die als Journalisten arbeiten, und war froh, dass mir endlich mal jemand nichts andrehen wollte und auch  nicht von mir erwartete, dass ich ihm Alkohol im Duty Free Shop besorge. Auffallend in der Metro ist, dass die mittleren beiden der sechs Wagen ausschließlich von Frauen genutzt werden dürfen. Keine diskriminierende Maßnahme, sondern zum Schutz der Frauen erdacht, die im engen Gedränge der Männer hier schonmal unsittlich berührt werden.

Metrologo

PS: Auf dem Weg nach Jerusalem hatten wir einen ersten Zwischenstopp in Amman, der Hauptstadt Jordaniens. Hier ist alles viel relaxter als in Kairo, was auch gut ist, denn nächste Woche muss ich hier einen Mietwagen umherlenken.

2 Kommentare:

  1. Dann freut euch auf Taxi fahren in Buenos Aires. Bisher das krasseste, was ich erlebt hab. Da wurde sogar Jürgen etwas mulmig. ;)
    Aber bis dahin ganz viel Spass und es ist immer wieder schön zu lesen, was euch so passiert.
    Liebe Grüße aus der Heimat! Julia

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  2. Hi Julia,
    vielen Dank für die Grüße. WIe vermuten hier schon mal an, dass der nächste oder übernächste Blogeintrag dich besonders interessieren könnte.
    Beste Grüße aus Jerusalem,
    Daniel und Anja

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