Samstag, 26. Januar 2013

Burma ♡


Es folgt der wahrscheinlichste längste Bericht der Reise. Aber in Burma ticken die Uhren anders (im wahrsten Sinne des Wortes) und das Land ist in Deutschland relativ unbekannt, weshalb es jetzt etwas ausführlicher wird. Außerdem ist Burma so unglaublich fotogen...


Das Land
Burma stand als eines der ersten Must-See-Ziele auf unserer Liste. Denn das gar nicht so kleine Land (Fläche und Einwohnerzahl etwa wie Frankreich) erlebt seit etwa 2 Jahren seinen Sonnenaufgang.
Nachdem Burma seit 50 Jahren von einer Millitärregierung, die international isoliert ist, unterjocht wird, wird seit einiger Zeit ein vorsichtiger Demokratisierungsprozess eingeleitet. Das herausragende Zeichen dafür war Ende 2010 die Freilassung der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, die 20 Jahre lang fast ununterbrochen unter Hausarrest in Rangun stand, mittlerweile aber dem Parlament angehört und die große Hoffnungsträgerin der Nation ist. Nachdem Burma (der offizielle Name ist Myanmar, wir verwenden aber den von Aung San Suu Kyi bevorzugten alten Namen Burma) lange isoliert war, kann spätestens der Besuch von Barack Obama im November 2012 als Aufbruch zur Öffnung des Landes angesehen werden.





Besuchen oder nicht?
Jahrelang stand man bei einem Besuch des Landes vor einem moralischen Dilemma. Man musste scharf abwägen, ob man durch seinen Besuch die Junta (indirekt) unterstützen möchte, die mit ihren Krakenarmen jedem Touristen das Geld aus den Taschen zieht. Aung San Suu Kyi selbst empfahl, das Land nicht zu besuchen. 2011 zog sie diese Aussage aber zurück, empfiehlt aber weiterhin nur Individualreisenden den Besuch, da diese ihr Geld besser auf die Bevölkerung verteilen können, während das Geld von den von der Regierung bevorzugten Reisegruppen eher kanalisiert in die weitverstrickte regierungsnahe Oberschicht fließt. Nachdem also erste Demokratisierungsprozesse in Gang gekommen sind und der internationale Boykott gelockert wurde (obwohl Burma weiterhin als das für Minderheiten repressivste Regime gilt), stand für uns fest: Burma, wir kommen.




Das Reisen
Und das denken sich im Moment viele Menschen. Burma erlebt nämlich gerade einen Touristenboom. 2012 kamen knapp eine halbe Million Touristen und damit 50% mehr als noch 2011. In 2013 werden diese Zahlen noch übertroffen werden. Und das hat Konsequenzen für den Reisenden. Zum ersten Mal merkten wir das, als wir in Bangkok vor der Botschaft in einer langen Schlange auf der Straße anstanden, um unser Visum zu bekommen. Alle wollen dahin, weshalb es dann auch tatsächlich einiges zu beachten gibt. Schon in besagter Schlange warnte man uns davor, dass sich die Unterkunftssuche nicht so einfach gestaltet, wie man das sonst so in Südostasien gewohnt ist. Nix mit anklopfen „Hallo wir sind da, habt ihr ein Zimmer für uns?“. Den großen Touriansturm können sie hier noch nicht bewältigen, es gibt zu wenige Hotels für zu viele Besucher, und die Hotels, die da sind, sind auch noch ziemlich überteuert, für das was man geboten bekommt.




Noch dazu muss man vorher sehr gut kalkulieren, denn mit neumodischem Schnickschnack wie Geldautomaten, Handynetz und Internet ist hier nicht zu rechnen (wobei sich das gerade ändert: es gibt erste Mastercardautomaten, einige Hotels bieten WiFi, nur das allgegenwärtige Telefonieren hat hier noch nicht Einzug gehalten). Bezahlt wird in 2 Währungen: in einheimischen Kyat, mit denen man im Alltag bezahlt, und in harten US-Dollar, mit denen man überall dort bezahlen muss, wo die Regierung ordentlich mitverdient (Eintritte, Flüge und Hotels). Die gewünschten Dollarnoten dürfen dann aber auf gar keinen Fall einen Knick oder sonstige Gebrauchsspuren aufzeigen, außerdem werden sogar nur bestimmte Seriennummern (ab 2006) angenommen.





Erstmal in Burma angekommen ist das aber alles gar nicht mehr so kompliziert. Einzig die Busfahrpläne sorgen bei uns für einiges Stirnrunzeln. Will man die relativ teuren Inlandsflüge vermeiden, bleiben oft nur Nachtbusse. Und die fahren meist unverändert um 18 Uhr abends ab, obwohl seit der Eröffnung der einzigen Autobahn des Landes, dem Yangoon-Mandalay-Expressway, die Fahrzeiten rapide gesenkt wurden, weshalb man meist mitten in der Nacht am Zielort ankommt. Wenigstens sind die Hotels darauf eingerichtet, und man kann früher ins Zimmer, wenn denn eins frei ist - oder man muss in der Rezeption (einem Tisch mit ein paar Stühlen im Freien) bei knapp über 0 Grad weiterschlafen.


Viele Regionen des Landes sind außerdem von der Regierung für den Tourismus gesperrt, sei es, weil es keine touristische Infrastruktur gibt oder weil es dort zu gefährlich sei (verschiedene ethnische Bevölkerungsgruppen kämpfen um Unabhängigkeit von Myanmar). Deshalb besuchen die meisten Touristen die gleichen Orte und man trifft immer mal wieder das eine oder andere bekannte Gesicht.

Die Menschen
Äußerlich erkennt man die Burmesen sofort: Mann trägt hier Rock und Frau pastenartigen Sonnenschutz im Gesicht. Die Mönche, die in dem buddhistischen Land eine zentrale soziale Rolle spielen, tragen dunkelrot, und die Nonnen rosa.








Alle Zweifel, ob ein Besuch des Landes moralisch OK ist, werden ausgeräumt, sobald man den ersten Kontakt mit den Menschen hier hat. Man fühlt sich sofort total willkommen, von überall wird man zunächst versteckt angeguckt, lächelt man dann, tauen die eingeschüchterten Gesichter plötzlich auf, und die Mundwinkel ziehen sich langsam immer weiter in Richtung Ohren. Wenn Japan als Land des Lächelns gilt, was ist dann Burma?






Beim Umgang mit den Menschen ist allerdings immer darauf zu achten, dass man diese nicht in Verlegenheit, politische Diskussionen oder sonstige Bedrängnisse bringt, denn das kann durchaus ernsthafte Konsequenzen für sie haben. Immerhin dürfen die Menschen mittlerweile (relativ) offen sagen, dass sie die Regierung nicht mögen und die Opposition unterstützen, was vor 2 Jahren noch undenkbar gewesen ist. Ab und an kommt eine versteckte Frage, was man denn in Deutschland über Burma so wisse.



Von anderen Touristen haben wir erfahren, dass es in Thailand vor 30 oder in Kambodscha vor 10 Jahren ähnlich nett gewesen sein muss. Leider hat der Massen- (und auch Sex-) Tourismus dort einiges an der Unverdorbenheit der Menschen genommen. Ähnliches ist auch hier zu befürchten, wenn man sieht, wie großkotzig sich manche Touristen geben. Bei einem Durchschnittstageslohn von 1 Euro ist es fatal, wenn man bettelnden Kindern das Geld hinterherwirft. Da der Schulbesuch freiwillig ist, nimmt man dadurch vielen Kindern die Bildungschancen und schafft ein System der Bettelei. Noch ist es nicht so ausgeprägt wie in anderen südostasiatischen Ländern, und es bleibt zu hoffen, dass es Burma anders ergeht.





Die Highlights
Myanmar erinnert ein wenig an Nepal, weshalb es von vorn herein bei uns schon einen Stein im Brett hat. Unsere alles geliebten Stupas tummeln sich hier wie die McDonalds, KFC und Starbucks im Rest der Welt. Eine schöner als die Andere, mit und ohne Goldverzierungen, Sonnenschirmchen und Buddhas in allen Variationen. Die Mönche schreiten bedächtig um die Stupas, die Menschen meditieren und vollziehen ihre Glaubensrituale.





So auch in Yangoon (ehemals Rangun), wo wir uns einen Abend lang um das wichtigste buddhistische Heiligtum von Myanmar, der Shwedagon-Pagode, tummelten. Von Yangoon waren wir insgesamt etwas überrascht. Es ist ganz anders als die typischen asiatischen Riesenstädte: Es gibt keine Motoroller und so wenig Autos, dass es schwierig ist, die breit angelegten Straßen zu überqueren, da ganz schön geheizt wird. In Downtown-Yangoon scheint sich aber langsam eine hippe Innenstadt zu entwickeln, mit Handyläden und Verschnitten von westlichen Fastfoodketten.









Mandalay
Ist das Gegenstück zu Rangun. Es ist ein Moloch mit vielen Motorollern und staubigen Straßen. In Mandalay selbst gibt es nicht so viel zu sehen, außer einer weiteren hochheiligen Pagode, einem Teakholzkloster und ein zwei anderen Dingen, die wir aber ausgelassen haben. Auch den Sonnenuntergang vom Mandalay Hill kann man sich sparen, denn zu einem schönen Sonnenuntergang gehört auch ein schöner Ausblick und den hat es hier nicht. Stattdessen hunderte von Touristen und Kitsch zum Kaufen.





Spektakulär ist dagegen, was man rund um Mandalay so vorfindet. Der Sonnenaufgang an der U(we?)-Bein-Brücke ist vielleicht der Schönste, den wir jemals gesehen haben. Die U-Bein-Brücke ist mit 1,2 km die längste Teakholzbrücke der Welt. Dieser Fakt ist aber relativ belanglos, wenn man morgens mit offenem Mund und feuchtem Auge unter ihr steht, und die Konturen der Mönche in der Dämmerung oder die Einheimischen auf dem Weg zum Markt beobachtet. Umwerfend!















Auch beeindruckend ist die Mingun-Pagode. Diese wurde von einem etwas größenwahnsinnigen König als größte Pagode der Welt geplant. Nach seinem Tod wurden allerdings die Arbeiten eingestellt obwohl erst ein Drittel fertiggestellt war. Das ist aber immerhin ein 80m langer Würfel, der zudem mit von einem Erdbeben ausgelösten furchteinflößenden Rissen durchzogen ist.







Inle-Lake
Weiter ging es zum Inle-See, wo man gut einige Zeit entspannen kann. Obligatorisch ist eine Bootstour über den See, wo man den Fischern bei ihrer Arbeit zuschauen. Das interessante hier ist, dass die Fischer eine Technik des Ruderns gelernt haben, die es nur hier gibt. Sie schlingen einen Fuß um das Ruder, paddeln dann damit und haben somit beide Hände frei zum Fischen.





 





DAS Highlight in Burma und der Grund, weshalb wir überhaupt auf die Idee kamen, hierher zu fahren ist Bagan. Hier liegt eines der größten Tempelarreale Südostasiens. In einem Bereich von 6x6 km stehen heute noch knapp 2000 von ursprünglich 5000 Tempeln, die zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert errichtet wurden (im Schnitt wurde alle 2 Wochen ein Tempel fertiggestellt). Und dieses Tempelensemble ist mit das schönste, das wir bisher gesehen haben. Deshalb gibt’s dazu noch einen gesonderten Bericht.


Nebst den Bauten fasziniert einen wahrscheinlich am meisten an Burma, dass man eine Zeitreise in die Vergangenheit unternimmt, die zwar durchaus auch noch in anderen Ländern präsent ist, bei weitem aber nicht solche Ausmaße annimmt wie in Burma. Die Zeit scheint hier vielerorts einfach stehengeblieben zu sein. Hier wird fast ausschließlich körperliche, häufig schwere Arbeit verrichtet und zwar ohne maschinelle Hilfsmittel. 85% der Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft, die auf einem Stand ist, wie bei uns vielleicht vor 80 Jahren. Deshalb sieht man überall Menschen auf Feldern rumwuseln. Diese Ursprünglichkeit ist ein weiterer großer Teil der Faszination an diesem Land, wird aber mit Sicherheit mit dem wirtschaftlichen Fortschritt in einigen Jahren verschwinden.











Good Luck, Burma


Galerie:









2 Kommentare:

  1. Ein toller Bericht und wahnsinnig schöne Bilder!! Danke :-)

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  2. Großartig. Ich habe wie immer Eure Bilder und den Bericht sehr genossen, und ich finde die Beschreibung dieses Spagats zwischen "als Touri neugierig ein 'ursprüngliches' Land sehen" und "kritisch die Welt betrachten" sehr gelungen.
    Danke fürs teilen. :)
    LG /inka

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